„Was willst Du denn mit einem Studium?!“ Über den Umgang mit Reaktionen Deiner Familie auf Deinen Studienwunsch

Vielleicht hast Du es schon einmal erlebt: Die Reaktionen Deiner Eltern, Großeltern oder Geschwister auf Deine Entscheidung, ein Studium zu beginnen, fallen anders aus, als Du es erwartet hast. Während die einen begeistert sind und Dir ihre volle Unterstützung anbieten, können andere Deiner Entscheidung mit Unverständnis oder Skepsis begegnen. Vielleicht hörst Du sogar den Vorschlag, doch lieber eine Ausbildung oder ein „handfestes“ Studium zu wählen, anstatt Geistes- und Kulturwissenschaften zu studieren.

Die Auseinandersetzung mit den Reaktionen Deiner Familie kann belastend und anstrengend sein. Es ist nicht immer einfach, einen neuen Weg einzuschlagen, besonders wenn Du die erste Person in Deiner Familie bist, die sich für ein Studium entscheidet. Aber es gibt Wege, wie Du Deiner Familie verständlich machen kannst, warum Du Dich für diesen Weg entschieden hast und wie Du ihnen helfen kannst, Deine Begeisterung für Dein Studium zu teilen.

Tipps für den Umgang mit der Familie

Erkläre, worum es in Deinem Studium geht: Für viele Menschen, die selbst nicht studiert haben, ist der Alltag an der Universität oft schwer nachzuvollziehen. Wenn Du ein Fach studierst, das nicht direkt auf einen bestimmten Beruf wie Arzt/Ärztin oder Lehrer/Lehrerin abzielt, kann es für Außenstehende noch schwieriger sein, die Relevanz Deines Studiums zu verstehen. Versuche, Deinem Umfeld in einfachen Worten zu erklären, worum es in Deinem Studium geht. Wenn Du bereits Fachbegriffe kennst, übersetze sie in eine für Deine Familie verständliche Sprache. Nimm Dir die Zeit, Deine Familie so abzuholen, dass sie Dich versteht. Beispiel: Anstatt von „Sinologie“ zu sprechen, könntest Du sagen, dass Du „Chinastudien und Chinesisch“ studierst. Das macht es Deiner Familie leichter zu verstehen, wovon Du sprichst.

Zeig berufliche Perspektiven auf: Viele Familienmitglieder wollen wissen, welche Berufschancen ein Studium bietet. Der Bezug zur realen Arbeitswelt hilft oft, die Studienwahl besser einzuordnen. Erkläre, welche Berufsfelder Dir nach dem Studium offenstehen und welche Möglichkeiten Du hast. Das kann helfen, Ängste abzubauen und Deine Familie davon zu überzeugen, dass Du einen sinnvollen Weg eingeschlagen hast. Hier findest Du z. B. Anregungen zu möglichen Berufsfeldern von Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen: Berufsfelder für Studierende der Geistes- und Kulturwissenschaften (PDF Download)

Sprich offen über Finanzierungsmöglichkeiten: Oft macht sich die Familie Sorgen um die Finanzierung des Studiums. Sprich deshalb offen über die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten, die Dir zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), Stipendien oder Nebenjobs. Gemeinsam könnt ihr auf den entsprechenden Seiten recherchieren, was Deiner Familie das Gefühl gibt, mit einbezogen zu sein und sie beruhigt. So sehen Deine Angehörigen, dass Du gut vorbereitet bist und einen klaren Plan hast, wie Du Dein Studium finanzieren willst.

Gemeinsam die Uni erkunden: Nimm Deine Familie aktiv mit in Deine neue Umgebung. Die Universität Göttingen bietet regelmäßig Veranstaltungen wie die Infotage an. Das sind ideale Gelegenheiten, um Deiner Familie Deinen Studienort vorzustellen. Gemeinsam könnt ihr die Universität erkunden, mit Mitarbeiter*innen und Studierenden sprechen und so ein besseres Verständnis für Dein zukünftiges Umfeld entwickeln. Auch die Nacht des Wissens oder Aktionen im Forum Wissen sind eine gute Gelegenheit, Deine Familie in die Welt der Wissenschaft einzuführen.

Verbringe Zeit auf dem Campus: Lade Deine Familie zu Kaffee und Kuchen in eines der zahlreichen Cafés auf dem Campus ein oder verbringe Zeit in der Mensa. In entspannter Atmosphäre kannst Du ihnen den Uni-Alltag näherbringen, ohne direkt über komplizierte Uni-Themen sprechen zu müssen. Diese Erfahrung kann helfen, Berührungsängste abzubauen und die Uni als positiven Ort wahrzunehmen.

Integriere die Uni in den Alltag: Je mehr Du Deinen Uni-Alltag in die Gespräche mit Deiner Familie einbeziehst, desto „normaler“ wird es für sie, dass Du studierst. Berichte regelmäßig von Deinen Lehrveranstaltungen, erzähle von Deinem Lieblingsfach und diskutiere über Themen, die Dich beschäftigen. So bleibt Deine Familie informiert und fühlt sich einbezogen. Frage sie nach ihrer Meinung und ihren Vorschlägen – das zeigt, dass Du ihre Ansichten schätzt, und stärkt gleichzeitig die Verbindung zwischen Deinem Studium und Deinem Familienleben. Vielleicht erlaubt Dir eine Lehrperson sogar, ein Familienmitglied einmal mit in eine Vorlesung zu nehmen, um ihnen einen direkten Einblick in Deinen Studienalltag zu geben.

Umgang mit möglichen Argumenten gegen Deine Studienentscheidung

Manchmal reagieren Familienmitglieder auch mit klaren Gegenargumenten. Hier einige Beispiele und wie Du damit umgehen kannst:

  • „Mach doch erst mal eine Lehre, da verdienst Du sofort Geld!“

    Ein Studium erfordert zwar zunächst Investitionen, langfristig hast Du aber oft bessere Verdienstmöglichkeiten und Aufstiegschancen. Erkläre, dass Du während des Studiums Unterstützung durch BAföG, Nebenjobs oder Stipendien bekommen kannst und dass die Rückzahlung von Studienkrediten erst nach dem Studium beginnt. Nützliche Informationen dazu findest Du beim AStA der Universität Göttingen.
  • „Nach der Lehre kannst Du doch studieren!“

Natürlich ist es möglich, nach einer Lehre zu studieren, aber der Übergang von der Schule zur Universität ist oft einfacher, weil Du im Lernrhythmus bleibst. Außerdem kann es schwieriger sein, nach einer Phase des Geldverdienens wieder in den Studienmodus zurückzukehren. Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 zeigt zudem, dass Studierende mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung seltener ein Masterstudium aufnehmen – und das wiederum ist oft erst Voraussetzung für den Einstieg in höhere Positionen im Berufsleben.

  • „Und was willst Du nach dem Studium machen?“
    Diese Frage wird häufig Studierenden gestellt, deren Studienfach nicht direkt auf einen klar definierten Beruf ausgerichtet ist. Erkläre, dass das Studium grundlegende Fähigkeiten wie Problemlösungskompetenz, Textkompetenz, Präsentationsfähigkeit und Organisationstalent vermittelt, die in vielen Berufsfeldern gefragt sind. Heutzutage gibt es immer weniger feste Berufsbilder und viele Akademiker*innen arbeiten nach dem Studium in Bereichen, die nicht direkt mit ihrem Studienfach zusammenhängen. Auch ein Blick in die Statistik hilft: insgesamt beläuft sich die Arbeitslosenquote von Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen auf nur 3% (Quelle: https://www.academics.de/ratgeber/arbeiten-in-den-kulturwissenschaften, Zugriff am 18.09.2024). Das spricht doch für sich!
  • Erzähl von Vorbildern

Auf der Seite Herkunft macht Karrieren erzählen Aufsteiger*innen von ihrem Weg. Inspirierende Zitate:

«Was ist Ihr Rat für nachkommende Erstakademiker*innen?»

Nach Bauchgefühl entscheiden – sowohl hinsichtlich der Frage „Uni ja oder nein?“ als auch bezüglich der Fächerwahl. Einfach machen! Meine Erfahrung ist, was mir Freude macht, das mache ich auch gut (gilt natürlich auch umgekehrt). Und: Nicht allein vor sich hin wurschteln, sondern Kontakte knüpfen und im regen Austausch mit anderen bleiben. Ein weiterer Rat: Sich zu Wort melden, mitreden und diskutieren. Sich nicht abschrecken lassen von denen, die schlauer wirken, weil sie schlau reden. Die Inhalte sind nicht zwangsläufig großartig, sondern lediglich in gehobene Sprache gepackt.

Inken Köhler (50)

 

Zwar zwingen Bachelor und Master auch das Studium immer mehr in eine strukturierte Form, aber auch die bietet sehr viele Freiheiten. Mein Rat wäre daher nicht nur die Pflichtkurse zu besuchen und sich ausschließlich an Leistungspunkten zu orientieren. Für sich selbst zu entscheiden und den eigenen Interessen zu folgen, kann auf lange Sicht ebenso wertvoll sein. Der Schritt sich die Uni zu eigen zu machen ist nicht immer einfach, aber er lohnt sich sehr – auch um sich weniger fremd zu fühlen.

Ann-Kristin Kolwes (34)

Auch wenn kein konkretes Berufsziel damit verknüpft ist – das studieren, woran das Herz hängt. Unsicherheit gehört dazu, nicht einschüchtern lassen von den scheinbar so sicheren Kommiliton*innen. Eine Mentor*in suchen, das kann ein Prof. sein oder jemand anderes, der man vertraut. Und: sich selbst zu trauen, denn es ist ein toller Schritt, an eine Hochschule zu gehen!

Isabell Lisberg-Haag (59)

Die Zitate sind unter der folgenden Quelle zu finden: www.herkunft-macht-karrieren.de/hmkstories (Zugriff am 18.09.2024)

Vielleicht helfen Dir unsere Tipps – wir wünschen Dir auf jeden Fall viel Kraft für einen Weg, den Du als erstes in Deiner Familie beschreitest!

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